Hygieneschulung - Aktuelles Urteil aus dem Lebensmittelbereich
Hygieneschulung - Urteil - Ginko-Blätter sind Arzneimittel
Ginkgo-Blätter sind Arzneimittel
Nach dem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 16. März 2010 (Az. 312 O 300/09) ist
ein Tee, der zu 10 Prozent aus Ginkgoblättern besteht, nicht als Lebensmittel verkehrsfähig.
Nach allgemeiner Verkehrsauffassung, werde Ginkgo überwiegend als Arzneimittel und nicht etwa als Lebensmittel oder charakteristische Lebensmittelzutat angesehen. Vor diesem Hintergrund seien Ginkgoblätter als den Zusatzstoffen gleichgestellte Stoffe einzustufen, deren Verwendung einer Zulassung bedürfe.
Den Lebensmittelzusatzstoffen gleichgestellte Stoffe sind solche mit oder ohne Nährwert, die üblicherweise weder selbst als Lebensmittel verzehrt noch als charakteristische Zutat eines Lebensmittels verwendet werden und die einem Lebensmittel aus anderen als technologischen Gründen zugesetzt werden. Zwar würden die Ginkgoblätter im streitgegenständlichen Produkt in charakteristischer Weise verwendet, eine gefestigte Verkehrsauffassung, dass es sich bei ihnen um ein Lebensmittel handle, bestehe indessen nicht. Vielmehr ginge der Verkehr davon aus, dass sich bei den Blättern um ein Arzneimittel handle. Entgegen der Auffassung der Beklagten komme es dabei konkret auf die Ginkgoblätter und nicht etwa auf andere Produkte aus Ginkgo, etwa Extrakte oder Auszüge, an. Die überwiegende Verwendung von Ginkgo als Arzneimittel sieht die Kammer
durch den Vortrag der Klägerin klar unterstützt: Aussagen von Arbeitsgruppen und Kommissionen belegten die Arzneimitteleigenschaft ebenso wie wissenschaftliche Nachschlagewerke und Publikumsmedien. So komme etwa eine ad-hoc Arbeitsgruppe des Arbeitskreises lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des Bundesgesundheitsamtes (ALS) in einer fachbezogenen Veröffentlichung zu dem Schluss, dass für Ginkgoblätter keine Verkehrsauffassung als Lebensmittel existiere, sondern ausschließlich von einer Arzneimitteleigenschaft ausgegangen werde. Auch nach den „Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen“ seien Ginkgoblätter keine Pflanzenteile, die dazu bestimmt wären als Tee verwendet zu werden.
Das Argument der Beklagten, sie verwende Ginkgo als geschmacksgebende Zutat in ihrem
Tee, überzeugte das Gericht nicht. Hierzu fehle es an einem hinreichend fundierten Vortrag. Ebenso wenig trage der Einwand der Beklagten, das deutsche Zusatzstoffregime führe zu einer unzulässigen Inländerdiskriminierung. Hierzu führte das Gericht aus, dass die Inländerdiskriminierung vom gemeinschaftlichen Diskriminierungsverbot unberührt bleibe. Es sei nicht Aufgabe des Gemeinschaftsrechts eine solche zu unterbinden. Das letzte Argument der Beklagten, dass Ginkgoblätter in anderen EU-Mitgliedstaaten, etwa Italien oder Österreich, als Lebensmitteln verwendet werden dürften, überzeugte das Gericht schließlich auch nicht. Die Verkehrsauffassungen anderen Mitgliedstaaten hätten für die die Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise in Deutschland keine ersichtliche Relevanz.
Quelle: Marburger-Lebensmittelbriefe 07/2010