Hygieneschulung - In Heidelberg liegt die Hygieneampel weiter auf Eis
Hygieneampel - Abstimmung im Gemeinderat von Heidelberg zu Internetveröffentlichungen von Schmudelwirten
In Heidelberg bleibt die Hygiene-Ampel vorerst abgestellt
Eine Touristenstadt wie Heidelberg lebt auch von ihrer Gastronomie. Soll sich ein Gast schon vor dem Besuch am Neckar im Internet informieren können, an welcher Adresse er besser nicht einkehrt, weil hier in Küche oder Keller geschmuddelt wurde? Und wie steht es dann mit dem Schutz der Unternehmen, für die ein solcher namentlicher Eintrag im weltweiten Netz existenzgefährdend sein kann? Der Heidelberger Gemeinderat hat auf seiner Tagesordnung am 24.07.2013 einen Antrag, der eigentlich schon längst überholt ist - aber doch auch wieder jeden Tag aktuell werden kann. Es geht um die Einführung eines "Restaurant-Kontrollbarometers".
Die Fraktion der Grünen hatte den Antrag im Mai 2011 gestellt - nun soll er wohl abschließend behandelt werden. Landes- und bundesweit haben sich die Dinge längst überschlagen, der "Internet-Pranger" ist nach mehreren erfolgreichen Klagen von Gastwirten in ganz Deutschland vorerst einmal in Baden-Württemberg und auch den meisten anderen Bundesländern ausgesetzt worden. Nun wird abgewartet, wie die politische Diskussion weitergeht - und wie die obersten Richter entscheiden. Der Heidelberger Bürgermeister Wolfgang Erichson, zuständig für die städtischen Lebensmittelkontrollen und den Verbraucherschutz in Heidelberg, befürwortet größtmögliche Transparenz.
"Wenn in einer kleinen Gemeinde bei einer Kontrolle jemand auffällt, weiß das wenig später jeder im Ort", beschreibt Erichson die "öffentlichen Sanktionen", dies würde aber in einer anonymen Großstadt nicht funktionieren. In der Hauptstadt Berlin, wo der grüne Bürgermeister herkommt, war man denn auch Vorreiter im Markieren der Gaststätten mit Grün-Rot-Gelben Aufklebern. "Rot" sollte - gut sichtbar im Laden angebracht - festgestellte Hygieneverstöße markieren. Andere Systeme schlagen "Smileys" vor: ein grinsendes Gesicht für vorbildliche Betriebsführung. Einen besonders schweren Fall des Vergehens gegen das Lebensmittelgesetz hat gerade das Heidelberger Landgericht verhandelt. Fünf Kilo Lachs, bei dem das Haltbarkeitsdatum schon längst abgelaufen war, schmieriger Schleim in der Eiswürfelmaschine, Pilzsporen an den Wänden und Schneidebrettern, "altverschmutzte" Gerätschaften: Alles andere als appetitlich stellten sich die Zustände einem Team der städtischen Lebensmittelkontrolleure in Küche und Vorratslager eines Lokals in der Innenstadt im vergangenen August dar. Staatsanwalt Markus Schmitt warf dem Wirt vor, "zum Verzehr ungeeignete Lebensmittel in den Verkehr gebracht" zu haben.
Urteil gegen Gastwirt:
"Es hat mich in einem Ausnahmezustand erwischt", gestand der Beschuldigte rückhaltlos. "Das war der Tiefpunkt in meiner 25-jährigen Laufbahn", räumte er ein, er habe den Betrieb wegen einer persönlichen Krise schleifen lassen. "Ich habe meinen Mitarbeitern auch nicht mehr so auf die Finger geschaut." Inzwischen sind die Mängel längst beseitigt, die Lebensmittelkontrolleure hatten das Unternehmen ins engmaschige Kontrollnetz genommen und sind zufrieden.
Richter Robert Will verurteilte den Gastronomen zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 150 Euro. Ursprünglich hatte das Strafmaß sogar bei 90 Tagessätzen à 200 Euro gelegen. Damit wäre er vorbestraft gewesen. Doch das umfassende Geständnis hatte die Richter milde gestimmt. Einen Eintrag als "Schmuddel-Wirt" musste der Verurteilte zu keinem Moment fürchten: Die Mängel waren im August festgestellt worden, die inzwischen ausgesetzte Veröffentlichungspflicht trat erst im September 2012 in Kraft.
Ohne Interneteintrag bleiben auch die Heidelberger Gastronomen. Käme das öffentliche Kontrollbarometer heute zurück, stünden aktuell elf Betriebe auf der Liste - und könnten theoretisch auch per App aufs Touristenhandy gerufen werden.